Tagebuch

Seite 26

  Manaus (Brasilien),    17. Mai 2006 - 18.00 Ortszeit  


     

Bom dia de Brazil!

Am 05.05.2006 machten wir uns mal wieder mit dem Bus auf den Weg nach Brasilien. Den Grenzwechsel zwischen Paraguay und Brasilien bekamen wir nicht wirklich mit, da wir uns unsere Stempel schon am Vortag besorgt hatten und die Busbegleiterin unsere Pässe an der Grenze nur kurz vorzeigte. Wir fuhren ins 330 km entfernte Campo Grande, was der Ausgangspunkt für Touren ins südliche Pantanal ist. Hier gab es auch gleich mehrere Tourenanbieter mit denen man einen Mehrtagesausflug machen konnte.
Wir hoben uns zunächst die Möglichkeit fuer das nördliche Pantanal mit Ausgangspunkt Cuiabá, unserer nächsten Station, auf, wo wir es aber auf Grund mangelnden Angebots sein ließen.

Das Pantanal (portugiesisch fuer Sumpf) liegt im Südwesten von Brasilien und reicht noch in den Osten der Nachbarländer Bolivien und Paraguay hinein. Mit einer ungefähren Groesse von Westdeutschland vor der Wiedervereinigung, ist es das größte Schwemmgebiet der Erde. Nur wenig erschlossen, mit zahlreichen Süß- und Salzwasserseen, Palmenhainen, ursprünglichem Urwald und einer umfangreichen Flora und Fauna, leben hier verschiedene Indiostämme, die noch heute kaum Kontakt mit der �Zivilbevölkerung� haben. Die Transpantaneira, eine viel befahrene aufgeschüttete Straße reicht 143 km ins Pantanal hinein.
Am Río Paraguay, der durchs Pantanal fließt, erstreckt sich eine 20 bis 40 km breite baumfreie Überschwemmungsniederung, die während der Hochwasserzeit (September bis April) bis zu 3 m hoch völlig unter Wasser steht. Dadurch entsteht eine inselartige Flusslandschaft, in der sich recht große Seen ausbilden. In diesem Überschwemmungsgebiet, das in den trockenen Monaten als Weidegebiet genutzt werden kann, gibt es schwimmende Grasteppiche. Während der Regenzeit zieht sich das Vieh und die wilden Tiere auf diese Inseln und Uferdämme der Flüsse zurück.
Ein Teil des Gebietes steht unter Naturschutz und ist 2002 von der UNESCO zum Biosphärenreservat erklärt worden.

Von Cuiabá aus machten wir einen Tagesausflug nach Chapada dos Guimarães, von wo aus wir auf einer 9 km langen Wanderung entlang der asphaltierten Strasse, den geographischen Mittelpunkt Südamerikas erreichten. Dieser ist an sich ziemlich unspektakulär, es gibt lediglich einen Ausblickspunkt, von wo aus man auf Grund der dort häufig auftretenden Nebelwolken nicht unbedingt viel sieht. Auf dem Rückweg hielten wir einen Bus an, der laut eines Einheimischen, den wir Morgens gefragt hatten, hier gar nicht fahren sollte.

Bereits am frühen Nachmittag waren wir schon wieder in Cuiabá zurueck und kümmerten uns um unsere Weiterfahrt.
Der Preisvergleich bei den einzelnen Busgesellschaften in Brasilien lohnt sich richtig, denn man kann dabei doch relative viel Geld sparen. So gravierende Preisunterschiede sind uns in keinem der anderen Länder aufgefallen. Am 09.05. machten wir uns auf den Weg, 1500 km in 23 ½ Stunden Busfahrt zu bewältigen und so kamen wir 1 Tag später in Porto Velho an. Dieser Ort zeichnet sich für uns als der mit den etwas anderen Unterkünften in unserer Preisklasse aus. Alle 5 Hotels, die wir uns ansahen, ähnelten sich und so nahmen wir das Beste davon und schliefen quasi neben dem Klo, wo es weder Tür noch Vorhang gab!

Im Hafen von Porto Velho organisierten wir uns eine Weiterfahrt per Boot ins knapp 1000 Flusskilometer nördlicher liegende Manaus am Amazonas. Wir ließen uns das 2 Tage später auslaufende Boot zeigen und hatten hier, wie auch damals in Peru, wieder die Wahl zwischen dem Hängemattendeck für 120 Real p.P. oder einer 2-Bett-Kabine für 200 Real p.P.. Wir entschieden uns erneut für die Kabine (Gepäcksicherheit), kauften uns noch 2 neue Hängematten, da unsere alten schon in Deutschland sind und zogen bereits nach 1 Nacht aus unserer �Luxusunterkunft� in unsere Kabine auf dem Boot ein. Am Abend vor der Abfahrt war das schwimmende Gefährt noch ziemlich leer und wir genossen, allein auf dem Oberdeck, den Abend baumelnd in den Hängematten und beobachteten immer wieder die vielen Flussdelfine die im Hafen spielten.

Mit 1 ½ Stunden Verspätung begaben wir uns am Abend des 12.05. auf die Reise entlang des Río Madeira, auf dem wir das komplette Wochenende verbrachten. Die Bar auf dem Oberdeck war schon seit Nachmittags geöffnet und brasilianische Sambamusik dröhnte in voller Lautstärke aus den Boxen. Unsere Hängematten verbrachten demnach die restliche Reise in unserer Kabine, da wir aufs überfüllte Zwischendeck keine Lust hatten.

Am Samstag (13.05.) lernten wir an Bord einen Brasilianer kennen mit dem wir uns in einem Kauderwelsch aus Spanisch, Portugiesisch und Englisch �unterhielten�. Wenige Stunden später stand er dann ganz stolz vor uns, um uns mitzuteilen, das noch 2 weitere Englisch sprechende Touris an Bord seien und keine 5 Minuten später zerrte er einen Schotten an unser Deck bis vor unsere Füße. Unter dem Motto �Hier, der kann auch Englisch, jetzt unterhaltet euch auch in dieser Sprache!� beobachtete der Brasilianer nun die Konversation unter Touris.

Am Abend lief immer noch die selbe Samba-DVD dröhnend an der Bar, wozu jetzt vereinzelt Brasilianer tanzten.

Auch am Sonntag wurde pünktlich um 9 Uhr wieder der Grill angeschmissen und es gab kostenlos Carne e Peixa (Fleisch und Fisch), wozu die Brasilianer nach nichts schmeckende �Sägespäne� zu sich nehmen.
Was diese �Sägespäne� wirklich sind � keine Ahnung � irgend so etwas wie getrocknete Brötchenkrümel, die es zu fast jedem Essen dazu gibt.
Damit aber auch wirklich niemand Hunger leiden muss, gab�s für jeden noch ein mehr als ausreichendes Mittag- und Abendessen dazu, welches im Fahrpreis mit inbegriffen ist.

Der Sonntag Abend gestaltete sich ganz anders als erwartet und wir sahen uns verwundert an, als die Brasilianer kurz nach Einbruch der Dunkelheit plötzlich den Fernseher ausmachten. Was nun folgte war mein erster Gottesdienst! Die Prediger hielten ihre Reden mit vollem Körpereinsatz und es wurde applaudiert und gesungen.
Während dessen versammelten sich die Ungläubigen am Bug des Sonnendecks und es wurde eine gesellige Runde aus 2 Brasilianern, 2 Schotten, 2 Argentiniern und uns 2 Deutschen. Die Kommunikation war sehr witzig, denn es wurde immer wieder hin und her übersetzt zwischen Portugiesisch, Spanisch, Englisch und Deutsch, wobei 1 Satz auch durchaus alle 4 Sprachen beinhalten konnte.

Am Montag legten wir Morgens 7 Uhr in Manaus an und beobachteten die nächsten Stunden wie fleissige Hafenarbeiter das gesamte Unterdeck, welches mit tausenden Säcken Kartoffeln und Zwiebeln, sowie Tomaten- und Knoblauchkisten beladen war, entluden und wir uns dadurch einen Weg an Land bahnen konnten.

Im Allgemeinen ähnelte die Bootsfahrt unserer damaligen in Peru, nur das wir es dort als exotischer empfanden. Sämtliche Holzhütten am Ufer des Río Madeira, und selbst diese, die aussahen wie kurz vor dem Zusammenfallen, hatten Strom, Fernseher und Satelliten-schüsseln.

Manaus ist mit 1,5 Millionen Einwohner die größte Stadt mitten im amazonischen Urwald. Im 19. Jahrhundert, während des Gummibooms, wurde die Stadt reich und es wurden Luxusbauten im europäischen Stil errichtet. Das berühmteste davon ist das 1896 erbaute Amazonas-Theater, das Symbol des damaligen Fortschrittes.
Als der Kautschuk an internationalem Interesse verlor, geriet die Stadt lange Zeit in Vergessenheit, aber als Manaus nach dem 2. Weltkrieg zur Freihandelszone erklärt wurde, so dass Firmen die hier produzieren ihre Rohmaterialien nahezu zollfrei einführen können, führte dies seit den ´70er Jahren zu einem Wirtschaftsboom und einem Wiedererwachen des öffentlichen Lebens in der Stadt.

Am Dienstag erfreuten wir uns eines Bescheidwissenden Taxifahrers, denn er fand auf Anhieb das Ziel zu dem wir wollten, was in Manaus nicht unbedingt selbstverständlich ist, auch wenn man nur um die Ecke will. Wir standen pünktlich halb 10 vor den verschlossenen Türen des venezolanischen Konsulats und hämmerten mehrfach gegen die Tür, da die Klingel rausgerissen war. Glücklicherweise öffnete man nach einer viertel Stunde auch und wir bekamen, entgegen der Auskunft der venezolanischen Botschaft in Berlin, die meinte, �sie glaubt nicht das wir ohne Visa nach Venezuela kommen auch wenn es das auswärtige Amt im Internet so schreibt�, die Auskunft ohne Visa einreisen zu dürfen. Auch das Problem mit meinem schon im Oktober ablaufenden vorläufigen Reisepass ist mit der polizeilichen Anzeige des Raubes aus Peru kein Problem. Da hoffen wir mal, dass das die Grenzbeamten auch so sehen!

Heute Vormittag unternahmen wir noch einen Ausflug zum "Encontro das águas" (Begegnung der Ströme), was mit einer dreiviertel Stunde Busfahrt durch Manaus und einer anschließenden kurzen Bootsfahrt zu erreichen ist.
Hier treffen sich der Río Negro und der Río Solimões und bilden den Amazonas. Der Río Negro, der schwarzes Wasser mit sich führt, und der Río Solimões, gelb und schlammig, vermischen sich nicht gleich miteinander, sondern strömen über einige Kilometer nebeneinander her. Das Phänomen erklärt sich durch Unterschiede in Fliessgeschwindigkeit, Dichte und Temperatur beider Ströme.

Morgen verschwinden wir wieder von hier und fahren in einer Nachtfahrt die einzige Überlandstrasse die aus Manaus rausführt (sonst nur per Boot oder Flugzeug erreichbar) bis nach Boa Vista und von dort hoffentlich gleich weiter nach Venezuela.

Die nächsten Grüße gibt es dann wahrscheinlich aus der Karibik.

Alles Liebe wünschen

Dirk und Romy

 

 

   


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