Tagebuch

Seite 27

  Puerto La Cruz (Venezuela),    30. Mai 2006 - 17.00 Ortszeit  


     

¡ Hola Amigos !

Am Freitag, dem 19ten Mai, überschritten wir mal wieder eine Laendergrenze. Diesmal die von Brasilien nach Venezuela, welches wahrscheinlich auch der letzte Grenzwechsel auf unserer Reise gewesen sein wird, wenn man mal vom Rueckflug absieht.

Auf Grund der widerspruechlichen Auskuenfte zu den Visabestimmungen bei der Einreise auf dem Landweg und Romys nicht mehr 6 Monate gueltigen Reisepass hatten wir einige Bedenken, die sich aber als unberechtigt heraus stellten. Einzig erwaehnenswert an diesem Grenzübertritt bleibt, dass es diesmal Romy mit der Gepaeckkontrolle erwischte. Der uniformierte Schnueffler nahm es dabei ganz genau, liess Romy den gesamten Rucksack auspacken und interessierte sich besonders für diverse Hygieneartikel.

Das 15 Kilometer entfernte Santa Elena de Uairén war dann unser erstes Ziel auf venezolanischer Seite. Hier sollte unser Startpunkt für eine Tour durch die Gran Sabana sein.

Die Gran Sabana ist eine Hochebene, die vor allen durch ihre zahlreichen Wasserfaelle und die in der Sprache der einheimischen Pemón-Indianer Tepuis genannten, über 100 Tafelberge beruehmt ist. Das Alter dieser Tafelberge wird auf 70 Millionen Jahre geschaetzt, wobei sich diese vor allen durch ihre einzigartige Tier- und Pflanzenwelt auszeichnen. Dies ist in der Millionen von Jahren anhaltenden Isolation begruendet und hat zu einer Vielzahl von endemischen Arten gefuehrt. Einer der beruehmtesten und zugleich auch mit knapp 2800 Metern der hoechste, ist der besteigbare Tafelberg Roraima. Bekannter ist nur noch der Auyan-Tepui, in dessen Schlucht sich der hoechste bekannte Wasserfall der Welt, der Salto Angel befindet.

Da wir diese Gegend weder mit dem Bus noch zu Fuss erkunden konnten, mieteten wir uns am Sonnabend ein Auto mit Fahrer und fuhren etwas um die 250 Kilometer durch die Gran Sabana. Die Tafelberge bekamen wir zwar nur aus der Ferne zu sehen, konnten aber viele der Wasserfaelle aus naechster Naehe bewundern.

Als erstes den Quebrada de Jaspe, dessen Flussbett aus dem Halbedelstein Jaspis besteht und unter dem wir haetten duschen koennen, waere nicht gerade eine Schulklasse kurz vor uns dort eingetroffen. So verzichteten wir darauf, bewunderten das rotschimmernde Flussbett und holten die Dusche am Arapena Merú nach. Zuvor durchstreiften wir noch San Francisco de Yuruani, ein Pemones � Indianerdorf, an der Ruta 10, der best asphaltierten Strasse des Landes.
Zahlreiche weitere Wasserfaelle besuchten wir noch im Laufe des Tages und waren am Abend von der Sonne und der Vielzahl der Eindruecke dementsprechend geschafft.
Eine unerwartete Begegnung hatten wir dann noch am selben Abend, als wir auf dem Busbahnhof unsere Tickets für die Weiterfahrt am naechsten Tag kaufen wollten.
Die bekamen wir zwar nicht, dafür pfiff und rief es aber hinter uns beim Betreten des Terminals, was wir erst ignorierten, dessen Verursacher sich aber wenig spaeter als Ronan, den Schotten, den wir auf dem Schiff nach Manaus kennengelernt hatten, heraus stellte.
Auf dem Weg von Manaus nach Ciudad Guayana hatte sein Bus hier einen Zwischenstopp und er freute sich ungemein uns zu begegnen.
Wie klein doch die Welt ist!
Nachdem wir auf unserer Fahrt nach Boa Vista schon die beiden Argentinier auf einem Busbahnhof wieder getroffen hatten, nun also auch die beiden Schotten ....

Am naechsten Abend bestiegen auch wir wieder einen Bus, um in einer Nachtfahrt in das 650 Kilometer entfernte Ciudad Bolivar zu fahren.
���. NIE WIEDER EINE NACHTFAHRT IN VENEZUELA !!!!!!!!!
Es fing schon merkwuerdig an, da wir unser Gepaeck vor Abfahrt des Busses 2 uniformierten Nichtstuern zur Kontrolle vorzeigen mussten, die aber anscheinend nicht allzu viel Lust hatten und dementsprechend lax kontrollierten. Nachdem sie eine Art Banderole um unsere Rucksaecke geklebt hatten, durften wir zum Bus.
Gleich nach Abfahrt des Buses, gegen 19.00 Uhr, wurde dann das Licht ausgeschaltet (damit man wahrscheinlich ja nicht auf die Idee kommt zu lesen oder sich anderweitig die Zeit vertreibt) und die Klimaanlage auf eine gefuehlte Temperatur unter dem Gefrierpunkt herunter gefahren.

Ich weiss nicht wer sich so einen Scheiss ausdenkt ?!!?
Aber es kam noch besser bzw. schlechter!
Damit auch gar nicht erst der Gedanke an Schlaf aufkommt, fanden staendig Militaerkontrollen statt.
Die erste 20.30 Uhr, die zweite 22.00 Uhr und als wir endlich ein wenig eingenickt waren, ruettelte es kurz nach Mitternacht heftig an meiner Schulter und wir mussten diesmal zur Kroenung sogar aussteigen, wobei wir aber zum Glueck, im Gegensatz zu den meisten anderen Passagieren, wenigstens um eine Gepaeckkontrolle herum kamen. Waere es nach dem arschkriecherischen und befehlsgehorsamen Busbegleiter gegangen, haetten wir mit unseren Rucksaecken als Erste an einem der Tische zum Auspacken gestanden. Durch Abwarten und dumm stellen kamen wir so aber darum herum.
Das war aber noch nicht das Ende der Nervereien.
Um auch den dickfaelligsten Menschen um seinen Schlaf und zur Weissglut zu bringen, wurde 1.45 Uhr der Bus voll beleuchtet, als an einer Tankstelle gehalten wurde und 20 Minuten spaeter noch einmal, da diesmal ein Stopp an einem Imbiss für eine halbe Stunde eingelegt wurde.
Nicht sehr ausgeschlafen, kamen wir deshalb am Montagmorgen kurz vor 7.00 Uhr in Ciudad Bolivar an.
Das ehemalige Angostura (Flussenge) sollte uns als Ausgangsort für eine Tour in das Orinocodelta dienen.
Erwaehnenswert über die Stadt ist, dass hier die einzige Bruecke über den Orinoco in dessen ganzen Verlauf existiert (1967 mit 1,6 Km Spannweite erbaut) und 1819 die Proklamation eines Grosskolumbiens durch den suedamerikanischen Unabhaengigkeitshelden Simón Bolivar stattfand, weshalb die Stadt 1846 auch seinen Namen erhielt.

Da unsere Unterkunft in Ciudad Bolivar auch gleichzeitig als Tourenanbieter fungierte, hatten wir keine Schwierigkeiten eine mehrtaegige Orinocodeltatour zu buchen, die am Mittwochmorgen in Tucupita, der Provinzhauptstadt der Region, starten sollte.
Diese Stadt liegt etwa 200 Km von Ciudad Bolivar entfernt, so dass unsere Tagesaufgabe am Dienstag darin bestand, mit Taxi, Bus, Faehre und einem Por Puesto dahin zu gelangen, wo wir dann am oertlichen Busbahnhof von Rebeca, unserer Tourfuehrerin für die naechsten Tage, abgeholt werden sollten.
Trotz einiger kleiner Hindernisse klappte das auch alles ganz gut, so dass wir am Dienstagnachmittag in einem Hotelzimmer in Tucupita sassen, wo wir den Abend vor der Tour noch gemuetlich verbringen wollten.
... aber es kam mal wieder ganz anders.
Rebeca hatte uns am Nachmittag erklaert, dass sie gegen 18.00 Uhr noch einmal vorbei kommen wolle, um uns etwas ueber den Tourablauf der naechsten 3 Tage zu erzaehlen. Kein Problem dachten wir uns, dass Ganze wird ja sicherlich in einer halben Stunde erledigt sein.
Pustekuchen!
Kurz nach 18.00 Uhr wurden wir von Rebeca, Alexis (dem anderen Tourenbegleiter) und Heiro (dem Fahrer) mit einem Pick-Up abgeholt und erst einmal zum Ufer des Orinoco gefahren, wo wir bei einem kleinen Spaziergang ein wenig Smalltalk in "Spenglisch" hielten. Anschliessend fuhren wir zu einem Restaurant, wo wir Kerle ein paar Bier tranken und die 2 Maedels sich Caipirinha schmecken ließen. Die Gespraeche wurden nun auch ein wenig lockerer und fluessiger und es wurde beschlossen, als naechstes ein paar Getraenke unterwegs zu kaufen und diese irgendwo (wir hatten keine Ahnung ob es zu irgend jemanden nach Hause, zu uns zum Hotel oder zum Strand gehen sollte) zu trinken.
Gesagt, getan, wurden in einem Getraenkestuetzpunkt ein paar Buechsen Polar-Bier und eine Flasche Rum und Cola gekauft, Alexis besorgte noch Eiswuerfel und Limonen (damit der Cuba-Libre fuer die Maedels auch komplett wird) und wir fuhren auf der Ladeflaeche des Pick-Ups (die anderen Drei saßen in der Fahrerkabine) mit einem Getraenk in der Hand durch die Stadt. Nachdem wir so etwa eine Stunde durch die Strassen gekutscht waren, hielten wir irgendwann an einem abgelegenen Platz ausserhalb der Stadt und kommunizierten dort zu Viert (unser Fahrer schlief seinen Rausch aus) mit ein paar Getraenken in der Hand über Gott und die Welt. Gegen 23.00 Uhr fuhren wir dann zurueck zum Hotel, hatten auf dem Weg aber noch einen kleinen Zwischenfall, als wir waehrend einer dieser laestigen Militaerkontrollen, filmreif mit erhobenen Haenden vom Pick-Up steigen mussten und wir Maenner uns, Beine gespreizt und mit dem Gesicht zum Fahrzeug, auf Waffen, Drogen, Gummibaerchen oder weiss der Kuckuck was, durchsuchen lassen mussten.

Am naechsten Morgen startete dann unsere Orinocodeltatour.
Kurz nach 8.00 Uhr wurden wir vom Hotel abgeholt und nachdem wir in einer Panaderia gefruehstueckt hatten, fuhren wir zum Hafen und stiegen dort in ein Motorboot, dass uns in 4 Stunden, auf dem Orinoco, nach Curiapo brachte.
Curiapo, wird wie fast alle Ansiedlungen innerhalb des Deltas, zur Hauptsache von Warao-Indianern bewohnt, deren Haeuser auf Grund des morastigen Untergrundes auf Pfaehlen erbaut sind und deren wichtigste Pflanze die Moriche-Palme ist. Diese liefert Rohstoffe für das Herstellen von Koerben, Pfeilen, Haengematten usw. und deren Fruechte und das Palmherz dienen der Ernaehrung.
Ganz so traditionell und "rueckstaendig" leben diese etwa 25 000 Menschen aber auch nicht. Dieselaggregate sorgen für Strom, der ueber Hochleitungen in die einzelnen Behausungen transportiert wird, es gibt eine Art Strassenbeleuchtung, nur dass an Stelle von Strassen hier Stege beleuchtet werden, an fast keinem Haus darf eine Satellitenschuessel fehlen und wenn auch die meisten noch im Einbaum unterwegs sind, so gibt es dennoch auch einige Motorboote zu sehen.

Warao bedeutet übersetzt "Menschen, die auf dem Wasser leben" und es wird gesagt, dass ihre Kinder eher paddeln als laufen lernen.
Und tatsaechlich kann man schon 4 - 5 Jaehrige allein auf dem Fluss, in einem Einbaumkanu unterwegs sehen.
Nachdem wir unsere Sachen in dem einzigen Hotel des Oertchens abgelegt und uns ein wenig akklimatisiert hatten, bestiegen wir dann am Abend auch eines dieser Kanus und ließen uns von einem Einheimischen einen der Kanaele entlang paddeln.
Ziemlich anstrengend, anderthalb Stunden in einem dieser wackligen, engen Kanus still zu sitzen!

Die naechsten 2 Tage befuhren wir einige der "caños" genannten kleinen Kanaele, badeten im Orinoco, besuchten kleinere und groessere Siedlungen der Waraos, unternahmen eine Nachtfahrt mit dem Kanu und machten eine kleine, von einem Einheimischen gefuehrte, Dschungelwanderung.

... gar nicht so einfach mit Gummistiefeln durch das Moor zu stapfen!

Nach unserer Rueckkehr am Sonnabend, nach Ciudad Bolivar, fuhren wir am Sonntag weiter Richtung Norden, so dass wir uns jetzt mittlerweile in Puerto La Cruz, an der drueckend heissen Karibikkueste befinden.
Immerhin hat das Zimmer unserer Unterkunft eine Klimaanlage, wobei man aber nicht weiß, ob es zur Vermeidung von dauerhaften Hoerschaeden nicht besser waere, diese auszulassen.

Ob wir des Hoerens noch maechtig sind, ob Romy ab Donnerstag auch so alt aussieht wie sie dann ist und was sich sonst noch so ereignet, erfahrt ihr dann im naechsten Tagebucheintrag.

Seid bis dahin lieb gegruesst

von Romy & Dirk
 

 

   


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