Tagebuch

Seite 15

  Uyuni  (Bolivien),    29. November 2005 - 15.00 Ortszeit  


     

¡ Hola Alemania !

Am Montag Abend (21.11.) machten wir uns also mit dem Nachtbus auf den Weg in la capital Sucre. Allerdings mussten wir schon vor der Abfahrt feststellen, das man uns am Vortag die falschen Fahrkarten verkauft hatte, da gar kein normaler Nachtbus zu dieser Zeit fuhr. Wir zahlten also nach und erwarben 2 Tickets fuer einen Cama-Bus (mit Schlafsitzen) und wurden von einem, heftig Stress verbreitenden, Mitarbeiter 45 Minuten vor Abfahrt zum Bus, wobei er stets darauf achtete uns nicht die Tickets auszuhaendigen. Im Bus angekommen wollte er natuerlich dafuer auch noch ein kleines propina (Trinkgeld). Was sollten wir machen? Mit einem Hungerlohn verabschiedeten wir ihn und hatten endlich unsere Ruhe.

Die 10 stuendige Nachtfahrt verzoegerte sich nur unwesentlich auf 19 1/2 Stunden!

Angefangen hatte alles mit einer 3-maligen naechtlichen Reifenpanne auf der Schotterpiste zur Hauptstadt, was uns schon zu dem Ergebnis kommen liess, mit reichlich Verspaetung anzukommen. Geplant war dann allerdings nicht in knalliger Sonne von 9.00 bis 14.30 wegen 4-fachem Erdrutsch stecken zu bleiben, da dadurch die Strasse unpassierbar geworden war.

Aus dem nur noch 20 km entfernten Sucre rueckten jetzt also fleissige Helfer an, die das Geroell auf der Strasse vermassen und dann mit Raupe und Bagger passierbar machten. So kamen wir dann doch noch am Nachmittag in Sucre an.

Sucre, gelegen in einem Tal und umgeben von niedrigen Bergen, ist mit ihren 100000 Einwohnern eine relativ kleine Stadt. Das Zentrum hat durch zahlreiche Kirchen und alte Herrenhaeuser noch viel aus der Kolonialzeit behalten, wobei wenn man dies abgelaufen ist, das Schoene von Sucre auch schon hinter sich hat.
Am 6. August 1825 wurde hier die Unabhaengigkeit ausgerufen und die neue Republik nach ihrem Befreier Simón Bolivar benannt.
Mit einer Art von trotzigem Stolz legen die Einwohner Wert darauf, dass ihre Stadt immer noch der richtige Sitz der bolivianischen Regierung ist.

Am Donnerstag fuhren wir tagsueber ins 4 1/2 Stunden entfernte Potosí und bewaeltigten dabei wieder einen Hoehenanstieg von 2800 m auf ueber 4000 m.
Als wir uns innerhalb von 30 Minuten die 5 Strassen der Innenstadt angesehen hatten kamen wir zu dem Entschluss, das man hier nicht laenger bleiben muss als noetig. Allerdings wollten wir noch unbedingt eine dieser beruechtigten Silberminen von innen sehen!

Die Geschichte von Potosí, sein Ruhm und Glanz, aber auch seine Tragik und sein Schrecken, sind eng mit dem Silber verbunden. Die Stadt wurde im Jahr 1545 kurz nach der Entdeckung von Silberadern in einem nahegelegenen Berg mit Blick ueber die Stadt, dem Cerro Rico, gegruendet. Die Vorkommen erwiesen sich als so reich, dass die Minen schnell zu den ertragreichsten der Welt wurden. Trotz der Lage in einer Hoehe von 4070 m bluehte Potosí auf und entwickelte sich bis zum Ende des 18. Jahrhunderts zur groessten wie auch zur wohlhabendsten Stadt Suedamerikas. Dieser Boom sollte jedoch nicht ewig dauern. Um die Wende des 19. Jahrhunderts ging die Ausbeute aus den Silberadern zur Neige, woraufhin der Niedergang der Stadt seinen Lauf nahm. Der Abbau von Silber wird heute nur noch in wesentlich geringerem Ausmass als waehrend der Kolonialzeit fortgesetzt, wobei die Arbeit in der Mine jetzt genossenschaftlich, aber noch unter genauso katastrophalen und erschreckenden Arbeitsbedingungen stattfindet.

Am Freitag unternahmen wir eine organisierte Tour zu einer der Silberminen und wurden dafuer in eine schmuddelige Hose, Jacke, Gummistiefel und Helm mit Lampe gehuellt. Wir kauften auf dem Weg zur Mine noch 2 Stangen Dynamit mit Zuendschnur und Sprengstoffverstaerker, waehrend die anderen 4 von uns (2 Kanadier und 2 Argentinier) Cocablaetter und Saft fuer die Minenarbeiter erwarben.
Zur Zeit arbeiten knapp 11 000 Maenner in der Silbermine und nach ca.10 Jahren Bergbauarbeit sind die meisten von ihnen tot.
10%-15% der Einnahmen von Touris (Tourgebuehr) geht an eine Art Gesundheitsfonds fuer Minenarbeiter.

An der Mine angekommen gingen, teilweise krochen wir durch die Stollen, wobei es anfangs noch recht matschig in der Mine war, was sich spaeter zu einer staubigen bis zu 35°C heissen Hoehle aenderte. Gluecklicherweise hatten wir uns zuvor noch jeder einen Mundschutz gekauft, damit wir nicht wie die meisten Minenarbeiter an einer Staublunge verrecken. Dirk stoerte nur der Staub in der Luft, waehrend ich mit teilweise 40er Atemfrequenzen gut beschaeftigt war. Wir machten Halt beim Gott der Minenarbeiter, besuchten Minenarbeiter bei ihrer nicht beneidenswerten Arbeit, schenkten ihnen das Dynamit und die Cocablaetter und erblickten nach 2 1/2 Stunden endlich das Tageslicht wieder.

Samstag machten wir uns Mittags auf den Weg nach Uyuni, was sich fuer mich nicht sehr witzig gestaltete, da ich mit meinem Kater vom Vorabend zu kaempfen hatte.
Uyuni wird in unserem Reisefuehrer als groesster und bedeutenster Ort im suedwestlichen Bolivien beschrieben, was man allerdings sehr relativ bewerten kann.
Die Aussage als eine normalerweise windige und wenig anziehende Wuestengemeinde koennen wir hingegen beide bestaetigen.
Der Grund weswegen wir hier sind ist allerdings auch nur der Salar de Uyuni, der sich in unmittelbarer Umgebung befindet.

Der Salar de Uyuni, eine riesige Salzpfanne auf einer Hoehe von 3653 m, erstreckt sich ueber ein Gebiet von ca. 12000 Quadratkilometern (17 mal groesser als der Bodensee). Er war einst Teil eines praehistorischen Salzsees, des Lago Minchín, der den groessten Teil des suedwestlichen Boliviens bedeckte. Als er austrocknete, liess er eine Reihe von "Pfuetzen" zurueck, den Poopó-See und den Uru-Uru-See, sowie verschiedene Salzpfannen, darunter den Salar de Uyuni und den Salar de Coipasa. Zahlreiche Pfade fuehren kreuz und quer ueber den Salar und verbinden die Doerfer an seinen Raendern.
Sein Salzreichtum wird auf ungefaehr 10 Milliarden Tonnen geschaetzt. Jaehrlich werden davon etwa 25.000 Tonnen abgebaut und in die Industriestaedte transportiert.
Von ca. Juli bis zum Beginn der Regenzeit ist der Salar de Uyuni trocken. Die bis zu 30 m maechtige Salzkruste kann dann begangen und befahren werden.
In Wabenform kristallisiert das Salz an der Oberflaeche. Tief unten ist immer noch Wasser, es dringt nach oben, verdunstet und sorgt so fuer die immer frischen Muster. Weisses Salz wohin man blickt, bis ueber den Horizont hinaus. Inmitten dieses Salzsees liegt die gruene Isla de Pescada (Fischinsel), die mit vielen grossen Kakteen bewachsen ist, die bis zu 12,5 m gross werden koennen.

Am Montag machten wir uns also mit einem Jeep und einer 1 stuendigen Verspaetung auf den Weg zu unserer Tagestour zum weltgroessten Salar. Den Preis fuer die Tour konnten wir um 10 US$ auf 30 US$ fuer uns 2 runterhandeln.
Wir fuhren zuerst in eine Wuestengemeinde namens Colchani, wo wir uns ansehen konnten wie Salz gewonnen wird und nebenbei auch haetten Souveniers aus Salz erstehen koennen. Weiter gings quer ueber den Salar bis uns ... na klar ... mal wieder eine Reifenpanne stoppte. Diesmal war das aber alles schnell geloest und wir fuhren weiter zum Salzhotel Playa Blanca. Saemtliche Moebel und das gesamte Haus wurden nur aus Salzbloecken erbaut.

Von dort fuhren wir zur Isla de Pescado, zahlten einen kleinen Obulus Eintritt und kletterten auf der aus Felsen und alten Korallenbaenken bestehenden Insel herum. Nach einer ausgepraegten Fotosession nahmen wir dort noch ein vom Veranstalter gestellten Snack zu uns und fuhren in eine andere Richtung ueber den nicht enden scheinenden Salzsee zum Vulcan Tunupa. Die Wanderung dort sparten wir uns, da wir fuer das Geld noch nicht mal bis zum Krater gekommen waeren und ein paar weitere Mumien auf dieser Reise uns nicht reizten. Im Anschluss machten wir uns auf den Rueckweg, hielten noch einmal bei ein paar blubbernden Pfuetzen und wurden 18.30 wieder an unserer Hospedaje abgesetzt.

Unser jetziges Problem besteht aus der Fahrt ueber die chilenischen Grenze. Die von uns favorisierte Bahnverbindung von 3700 m auf 2700 m nach Calama (Chile) besteht nur Montags. Die Busse fahren nur Donnerstag nachts halb 4 und saemtliche Tourenanbieter die la frontera passieren, bieten nur eine 3 Tages Tour mit unserem gestrigen Ausflug an. Nach ewig langem hin und her haben wir uns jetzt dazu durchgerungen, uns hier noch irgendwie 2 Tage zu beschaeftigen (schnarch) und Donnerstag frueh halb 4 mit dem Zug bis ein paar Kilometer vor die Grenze zu fahren und dort auf einen Anschluss nach Chile zu hoffen.
Unseren Ausreisestempel bekamen wir heute schon mal vorsorglich auf den 1. Dezember datiert in den Pass gedrueckt.

Bis demnaechst dann aus Chile!
Alles Liebe

Dirk & Romy
 

 

   


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