Tagebuch

Seite 13

  Puno  (Peru),    9. November 2005 - 21.00 Ortszeit  


     

¡ Hola Amigos !

Mittlerweile befinden wir uns in Puno am Titicacasee, wo wir heute auch schon die beruehmten Schilfinseln der Uros besuchten und von wo aus es morgen weiter nach Copacabana geht, was eine Stadt auf einer Halbinsel auf dem Titicacasee ist, welche in Bolivien liegt.
Unser letzter Abend in Perú auf dieser Reise liegt also vor uns.

Doch eigentlich soll dieser Bericht unsere Wanderung auf dem Inka-Trail reflektieren, so dass ich nicht vorgreifen und mich an die Themenvorgabe halten moechte.

Zuerst einmal ein paar allgemeine Fakten:
Der Inka Trail nach Machu Picchu ist Teil des inkaischen Strassensystems mit einer Laenge von mehr als 23 000 Kilometer. Dieses Strassensystem verband die vier Regionen des weit ausgebreiteten Imperiums Tawantinsuyo. Von Kolumbien bis nach Chile fuehrt der Weg vorbei an den Staedten Quito in Ecuador, Cajamarca, Huanuco, Jauja, Huamanga und Cuzco in Peru, La Paz und Cochabamba in Bolivien, sowie Salta und Tucumán in Argentinien. Groesstenteils befanden sich diese Strassen an der Kueste und in den Bergen und in einigen Faellen auch im tropischen Bereich der Berge, wie zum Beispiel der Inka Trail nach Machu Picchu.
Der Inka-Trail gehoert neben den schwimmenden Uros-Inseln auf dem Titicacasee, der alten Inkahauptstadt Cuzco mit dem Heiligen Tal der Inka und den Nasca-Linien zu den beliebtesten Attraktionen Perus. 70 000 Wanderer treten jaehrlich in die Fussstapfen der Inka-Boten, die diesen Weg benutzten, um Nachrichten von einer Stadt zur anderen zu bringen.

Erst nach 1970 begann Perus Regierung, den Trail zu konservieren. Zudem konnte der seit 1981 zum Machu Picchu Naturpark gehoerende Weg lange nicht begangen werden, weil Guerilla-Kommandos der Gruppe Sendero Luminoso ("Leuchtender Pfad") die Gegend als Rueckzugsposten benutzten. Der 45 Kilometer lange Inka-Weg nach Machu Picchu stellt nur einen kleinen Teil des 23 000 Kilometer langen Strassennetzes dar, mit dem die Inka-Herrscher ihr "Sonnenreich" durchzogen. Schon vor einigen Jahrhunderten ging die Nachricht ueber die Entdeckung kunstvoller Inka-Straßen um die Welt und zog die Forscher an. Doch bis zur Entdeckung des Inka-Pfades nach Machu Picchu verging viel Zeit. Der Weg wurde erst 1911 vom US-amerikanischen Archaeologen Hiram Bingham entdeckt.
Der von den Inka angelegte Weg durch den Dschungel ist auch nach Jahrhunderten noch gut erhalten. Wie die Ruinen war jedoch auch der "Camino Inca" vollkommen vom Dschungel ueberwuchert. Erst vier Jahre spaeter entdeckte der Yale-Professor Inka-Ruinen, die entlang des Weges standen. Und erst nach 1980 legte der Archaeologe Paul Fejos den groessten Teil der 35 Tempel, Zitadellen und Wachtuerme schliesslich frei.
Noch immer finden Forscher neue Teilstuecke des Inka-Wegs. Ende August 2001 entdeckte ein Archaeologen-Team auf 3878 Meter Hoehe einen noch unbekannten Abschnitt des Pfades.
In den vergangenen Jahren wollten so viele Touristen den Trail begehen, dass sich die peruanische Regierung gezwungen sah, die Zahl der Wanderer auf 500 pro Tag zu beschraenken. Seit Anfang 2001 duerfen deshalb nur noch organisierte Gruppen starten, was auch fuer uns bedeutete eines der zahlreichen Veranstalterbueros aufzusuchen um dort eine Tour zu buchen. Ueber die Preise hatten wir schon verschiedenes gehoert und die Spanne lag dabei von 250 bis 400 US-Dollar. Abhaengig ist der Preis dabei sowohl von der Jahreszeit, der Leistungen, dem Veranstalter, dem persoenlichen Aussehen, dem Weltmarktpreis fuer Meerschweinchenhoden, der Wasserstandsmeldungen, dem Preis fuer die Gallone Chicha, der Zahnarztrechnung der Grossmutter, der ...................
Wir fanden jedenfalls nach einigen unserioesen bzw. teuereren Angeboten einen Anbieter, der uns die Tour fuer glatte 200 US-Dollar (meinen Studentenrabatt mal ausgeklammert) anbot.

Am 3ten November warteten wir also ab 7.00 vor unserem Hostal gespannt auf die Ankunft des fuer zwischen 7.00 und 7.30 angekuendigten Kleinbusses. Nachdem wir (nach unserer Erfahrung in Huaraz) schon ein wenig nervoes wurden, kam dieser dann 7.40, lud uns, sowie ein wenig spaeter noch 5 weitere Personen ein, und wir fuhren 8.00 von Cuzco, ueber Urubamba nach Ollantaytambo, wo wir 9.30 eine halbstuendige Pause machten und uns in diesem, speziell auf Inkapfaden wandelnden Touristen eingestellten Oertchen, zwei Wanderstoecke fuer 5 Sol kauften. Nach einer weiteren Stunde Fahrt erreichten wir dann endlich einen Parkplatz, kurz vor dem ersten Checkpoint des Inkatrails am Km 82 und stiegen aus.
Ueberraschenderweise bestand unser Gruppe nur aus unserem Guide Moisés, zwei 29-jaehrigen Brasilianern aus Rio de Janeiro, namens Carlos und Mourao, sowie uns Zweien. Wir bekamen ein Mittagessen (Spaghetti) serviert, ich betaetigte mich zum ersten Mal in meinem Leben mit dem Deal von "Drogen", indem ich eine Tuete Kokablaetter fuer einen Sol erwarb, und 12.30 ging es dann endlich los.

Ueber eine Haengebruecke und relativ ebenes Gelaende, ging es die ersten Kilometer, unserer heute 11 Km langen Tagesetappe, auf einem sandigen Weg entlang.
Nach ca. einer Stunde fing es mit Regnen an, so dass wir zum ersten und einzigsten Mal waehrend der 4 Tage, unsere Regenkleidung anlegen mussten. Nachdem wir nach etwa 4 Kilometern eine kurze Pause eingelegt und es wieder mit Regnen aufgehoert hatte, ging es erstmal steil Bergan, wonach wir einen wunderschoenen Blick auf den 5300m hohen Veronica, sowie unsere erste am Weg liegende Inkaruine Patallaqta werfen konnten. Danach ging es entspannt mal Bergan mal Bergab und gegen 17.00 erreichten wir unser erstes Camp in Huayllabamba auf 3000 m Hoehe. Dort standen schon 2 Zelte fuer unsere Gruppe fertig aufgestellt und Romy tat sich erstmal eine eiskalte Dusche gleich neben dem Huehnerstall an.

Kleine Erklaerung am Rande:
Zu unserer Gruppe gehoerten auch 4 Einheimische, die fuer den Transport der Zelte, sowie der Kochutensilien und fuer das Kochen zustaendig waren. Respekt vor diesen Menschen! Nicht nur das sie mit ihren 25 Kg wiegenden Gepaeck meistens schneller als wir unterwegs waren, sie bewaeltigten die Strecke auch in einer Art Jesuslatschen (fuer die Bewohner der veralteten Bundeslaender: dass sind Riemchensandalen), waren immer freundlich unterwegs und kochten ausserdem ein leckeres und abwechslungsreiches Essen.

Ein bissl Respekt hatten wir ja schon vor dem naechsten Tag, der eine Strecke von 13 Km und einen Anstieg von insgesamt 1200 Hoehenmetern fuer uns bereit hielt, so dass wir bereitwillig gegen 20.00 ins Zelt krochen.


Die Brasilianer beschlossen als weitere Vorsichtsmassnahme ausserdem, ihr Gepaeck einen Traeger anzuvertrauen, der fuer 50 Sol an diesem Tag, die Aufgabe des Lastesels uebernahm. Wir, fern solches dekadenten Gebarens, schnallten uns, nachdem wir 5.30 mit einer Tasse Kokatee geweckt wurden und danach noch Fruehstueck serviert bekamen, 6.50 unsere etwa jeweils 12 Kilo schweren Rucksaecke auf den Ruecken und dackelten los.
Von 10.00 bis 10.30 machten wir in 3700m Hoehe, in einer Art Camp, unsere erste groessere Pause und dachten da, schlimmer kann es nicht mehr werden.

. . . es kam noch schlimmer!!!

Bis etwa 12.00 kaempften wir uns auf unterschiedlich hohen Stufen (einen kleinen Eindruck von deren Beschaffenheit koennt ihr ja im Fotoalbum gewinnen), die vor uns liegenden 500 Hoehenmeter hinauf, wobei als absolute Fiesheit die letzten 200 Hoehenmeter zu erwaehnen sind. Es ging dort derartig steil Bergan, dass man aller 10 Schritte eine Pause einlegen musste, um wieder einigermassen zu Puste zu kommen.
Das Ziel, Abra de warmi wañusca (Dead Womans Pass), vor Augen dauert es trotzdem noch unendlich lange, bevor endlich der Gipfel erreicht war.
Jeder hat seine eigene Methode diese Steigung zu bewaeltigen.
Die einen rannten 10 Stufen hoch, um danach 2 Minuten keuchend wie ein Lungenkrebspatient im Endstadium am Wegesrand zu stehen, andere setzen aller 5 Sekunden Pause den naechsten Schritt und sahen aus wie das Seniorenheim auf Wanderschaft in Zeitlupe. Wie wir da hoch kamen ueberlass ich mal eurer Phantasie. Wahrscheinlich war es eine Mischung aus beiden Fortbewegungsarten.
Nach 50 Minuetiger Verschnaufspause (fuer einige waren es nur 30 Minuten) ging es zum von oben sichtbaren, aber immerhin noch 600 Hoehenmeter entfernten Camp Pacaymayu.
Nur Bergab ........ gaaaaaaanz leicht ........ dachten wir.
Na ja, nach 70 Minuten erreichten wir 14.00 das Camp und waren vollkommen alle.
Wir bekamen erst einmal einen Tee serviert und wenig spaeter gab es ein Huehnerbein mit Reis als Mittagessen. Die restliche Zeit verbrachten wir mit vor uns Hindoesen, was durch eine Teatime mit Popcorn, Kakao, Kokatee und Keksen, sowie dem Abendbrot mit Zwiebelsuppe und Zwiebelfleisch (seeeehr lecker! :-( ) unterbrochen wurde, bevor wir uns 20.00 leicht stoehnend vor Schmerzen darniederlegten.

Auch am naechsten Morgen wurden wir 5.30 mit einem Kokatee geweckt und machten uns nach der Anbringung diverser Pflaster auf den als Discoveryday bezeichneten 16 km langen Pfad.

Damit wir auch ja nicht den Gedanken hegen koennten, der Tag wuerde ein Spaziergang, ging es erst einmal auf 3900 m steil Bergan, wobei wir zwischendurch noch die Gelegenheit bekamen, Runkuraqay, eine ehemals als Wachposten fungierende Ruine zu besichtigen. Weiter ging es dann zur Ruine Sayacmarca und vorbei an Conchamarca zur wohlverdienten Pause 11.00 in einem Camp, wo wir unser Mittagessen, bestehend aus Huehnersteak mit Reis, serviert bekamen.
Danach ging es relativ gemuetlich durch den hier vorherrschenden Regenwald zum naechsten Pass auf 3615m Hoehe, der Phuyupatamarca (Stadt ueber den Wolken) heisst. Von dort liefen wir 14.30 wieder los und machten uns an den Abstieg in unser drittes Camp Wiñaywayna, was in einer Hoehe von 2650m liegt.
Optimistischerweise hofften wir den 6 km langen Weg dahin in etwa 1 1/2 Stunden zu schaffen........
16.45, nach 2 1/2 Stunden, die uns wie ein halber Tag und die Hoelle vorkamen, erreichten wir endlich mit schlotternden Knien das Camp.
Carlos, der schon da war, zeigte mir ersteinmal, wo der "Ichueberlebtedeninkatrailundbrauchejetzteinbier"-Stand war, so dass nach 2 Flaeschen Cusqueña auch die Schmerzen dieses Tages vergessen waren.
Am Abend, nach einem wahrhaft feudalen Abendessen, verabschiedeten wir dann mit Klatschen und Haendeschuetteln, sowie einem kleinen Trinkgeld, unsere Traeger. Zum Glueck blieben wir dabei von der Peinlichkeit des Singens und Tanzens, wie es bei anderen (groesseren) Gruppen zu beobachten war, verschont, so dass wir, in Erwartung des eigentlichen Zieles am naechsten Tag, 20.30 im Zelt verschwinden konnten. Am vierten Tag wurden wir 4.00 geweckt, fruehstueckten und machten uns 4.50 auf dem Weg nach Machu Picchu .......
Nach 100m war jedoch ersteinmal Pause angesagt, was mir zu meiner ersehnten Morgenzigarette verhalf und seinen Grund darin hatte, dass der dritte Checkpoint erst 5.30 oeffnete. Vor uns war nur eine Gruppe von etwa 10 Leuten, waehrend hinter uns sich die restlichen rund 300 erwartungsfrohen Wanderer sammelten.
Nachdem dann unsere Pass(Eintritts)formalitaeten um 5.30 erledigt waren, begann ein regelrechter Dauerlauf zum 5 Km entfernten Intipata. Die Strecke wurde in einer dreiviertel Stunde abgehakt, wobei keine Ruecksicht auf Sehenswuerdigkeiten oder Ausblicke waehrend des "Ichbindererstedortrennens" genommen wurde.

Der Ausblick vom Sonnentor ist enttaeuschend!

Zwar haben wir wie immer Glueck mit dem Wetter und uns bietet sich ein unverhuellter Blick auf Machu Picchu, jedoch liegt die Anlage klein und unbedeutend erscheinend, 300m tiefer zu unseren Fuessen, so dass wir schnell ein paar Fotos machen, aber keinen wirklich bleibenden Eindruck haben.

Das aendert sich dann, als wir an dem eigentlichen Aussichtspunkt, kurz ueber der Anlage ankommen.
Ich hatte ja schon meine Vorstellungen, und war bei anderen Gelegenheiten, weder vom Grand Cañon in Bushs own Country, noch von sonst etwas anderen grossartig beeindruckt. Aber dieser Anblick ist wirklich unvergesslich ....
Leider ruecken aber schon die naechsten Gruppenteile nach, so dass gerade einmal 10 Minuten Zeit fuer diesen Anblick blieben. Einfach zu wenig um es wirklich geniessen zu koennen. Als naechstes heisst es dann Checkpoint 4 zu ueberwinden, unsere Rucksaecke einem mit Marker wild darauf herum malenden Menschen anzuvertrauen, und eine 2-stuendige Tour durch die Anlage, mit erklaerenden Beitraegen von Moisés zu bestreiten.
Interessant, aber nicht so beeindruckend wie der Blick vorher.
In der Anlage treffen wir Uta und Bernd wieder, mit denen wir in meinen Geburtstag reingefeiert haben und die uns erzaehlen, dass Wolfgang, der sich liebenswerterweise bereit erklaert hatte, ein Ladegeraet fuer Romys Kamera mit nach Perú zu bringen, die Inkatrail-Tour schon am ersten Tag wegen Magenproblemen abbrechen musste.
Aergerlich, wenn man nur 3 Wochen zur Verfuegung und die ganze Kohle dafuer schon bezahlt hat!
Von 9.30 bis 10.00 gammelten wir noch ein wenig individuell in der Anlage auf einer Wiese ab, bevor wir beschliessen (ich hatte keine Zigaretten mehr), uns auf den Weg ins etwa 8 Km entfernte und 500m tiefer liegende Aguas Calientes zu machen.
Nach den ganzen Schmerzen und Blasen hatten wir eigentlich vor mit dem Bus zu fahren. Die dafuer verlangten 6 US-Dollar erscheinen uns aber ein wenig unangemessen, so dass wir uns erst auf einer staubigen Serpentinenstrasse und spaeter auf einem steilen aber kuerzeren Weg hinab ins Tal begeben.
Dort kamen wir 11.50 an und bestellten uns im ersten auf dem Weg liegenden Restaurante erst einmal eine Riesenpizza als Belohnung.
Keine 30 Minuten spaeter oeffnete dann der Himmel alle Schleusen.
Ausser uns gab es noch einige andere, die den Weg zu Fuss gewaehlt hatten und nun Klitschnass, an uns gemuetlich im Trockenen unter einem Vordach Sitzenden, vorbeitrotteten. Waehrend des anschliessenden Wartens am Bahnsteig auf den Zug, 17.40 Richtung Cuzco, trafen wir dann auch ein Paerchen , mit denen wir unter Anderen, die Colca-Tour bei Arequipa gemacht hatten, wieder.
Die Welt ist klein!
Ich weiss ... eine Plattituede ... aber immer wieder zutreffend!

So, jetzt habe ich 1 ½ Sixpack vernichtet und hoffe die Tour einigermassen verstaendlich und ohne allzu viele Rechtschreibefehler in die Tastatur gehaemmert zu haben.

Seid lieb gegruesst und bis demnaechst in Bolivien .......

Romy & Dirk

 

 

   


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